Die Eisenbahnerstadt Mürzzuschlag
Zum 100jährigen Jubiläum der Stadterhebung
2023 feiert Mürzzuschlag das 100jährige Jubiläum zur Stadterhebung. Als Einstimmung darauf widmen wir den 12ten RAILBlog im heurigen Jahr der Eisenbahnerstadt Mürzzuschlag.
Der Bau der Bahn nach Graz 1842-1844 brachte Leben und Aufregung nach Mürzzuschlag. Bürger und Bauern wehrten sich heftig gegen den Baubeginn, weil der Damm ihre Felder trennte. Der Mürzzuschlager Hammerherr Vinzenz Huber versuchte sogar bei Erzherzog Johann zu intervenieren, dass das Heizhaus nicht auf seinem Grund gebaut wird.
Beim Bau des Aufnahmegebäudes wurde 1842 eine archäologische Sensation entdeckt – der größte antike Silberschatz der Steiermark. Der damalige Mürzzuschlager Bürgermeisters Kleinschuster notierte in seinem Kalender: „Auf dem Huberacker (Bahnhof) wurde ein Schmelztiegel voll mit römischen Gold- und Silbermünzen, über 100 Stück, gefunden. Die böhmischen Arbeiter verschenkten davon mit vollen Händen. Mir schickte man den Tiegel ins Haus als Rarität.“
Die erste Staatseisenbahn Österreichs
Am 12. September 1844 zogen 20 Pferde eine Lokomotive von Gloggnitz nach Mürzzuschlag. Jene Lokomotive die den Festzug nach Graz führen sollte. Am 21. Oktober 1844 eröffnete Erzherzog Johann in Vertretung des Kaisers die Strecke Mürzzuschlag-Graz. Es handelte sich dabei um die erste Staatseisenbahn Österreichs und um die erste Eisenbahnstrecke der Steiermark.
Der Betrieb der Bahn erforderte zu Beginn 68 Bedienstete. Nicht ein einziger unter ihnen war gebürtiger Mürzzuschlager. 27 kamen aus Böhmen und Mähren, 6 aus Ungarn, 7 aus Deutschland, 5 aus Italien, die übrigen aus sonstigen Gebieten der alten Monarchie. Unter den 4 Lokführern waren ein Berliner, ein Ostpreuße, ein Wiener und ein Grazer.
Die Zahl der Beschäftigten stieg stätig an: 1868 bereits über 100 Bedienstete; 1907 bereits 651 (davon 455 verheiratet mit 809 Kindern).
Mit Eröffnung der Semmeringbahn 1854 wurde der Standort Mürzzuschlag noch weiter aufgewertet und zum größten Betriebsbahnhof der Semmeringbahn ausgebaut.
Die größte räumliche und personelle Ausdehnung erfuhr der Bahnhof Mürzzuschlag ab 1900. Neben der Personenhalle, mit Wartesalons für 1. bis 3. Klasse sowie dem kaiserlichen Hofwartesalon, verfügte der Betriebsbahnhof über mehrere Heizhäuser, Werkstättenhallen, Rundschuppen und Drehscheiben sowie einer Schiebebühne.
Von der Elektrifizierung bis Heute
Einen großen Einschnitt brachte die Elektrifizierung der Semmeringbahn mit sich. Damit einhergehend auch ein großer Bahnhofsumbau in den Jahren 1957-59. Mit diesem Umbau begann sich das Leben rund um den Bahnhof erheblich zu verändern.
In der Bahnhofschronik ist nachzulesen: „An die Bediensteten wurden Anforderungen gestellt, die ihnen immer in Erinnerung bleiben werden. Sie konnten diese Anforderungen nur mit letztem persönlichen Einsatz bewältigen.“
Drei Stellwerktürme wurden außer Betrieb genommen und wenig später abgetragen. Die Bahnsteige wurden überdacht, der Personentunnel gebaut, Gleisanlagen neu- und umgebaut, das Zentralstellwerk errichtet. Als erster Bahnhof Österreichs wird der Bahnhof Mürzzuschlag mit PVC-Kabeln ausgestattet. Der Vorteil zu gegenüber den bisher zuvor verwendeten Papier-Blei-Kabeln war die bessere Haltbarkeit. Die Elektrifizierung brachte auch erhebliche Personaleinsparungen mit sich. Diese begannen ab 1962, wo 40 Mitarbeiter*innen entlassen wurden.
60 Jahre später 2019 begannen, im Zuge der Errichtung des Semmering Basistunnels, neuerlich umfangreiche Umbauarbeiten des gesamten Bahnhofareals in Mürzzuschlag. Das westliche Tunnelportal entsteht unweit des Bahnhofes. Damit die Bautätigkeit keine negative Auswirkung auf das UNESCO-Weltkulturerbe Semmering hat, begleitet ein Gestaltungsbeirat die gesamte Planung und Umsetzung. Das Aufnahmegebäude wird unter denkmalschutzrechtlichen Auflagen saniert, genauso wie auch Personentunnel und Bahnsteige. Vorplatz und Park and Ride Anlage werden für das zu erwartende Fahrgastaufkommen fit gemacht. Auf der Nordseite des Bahnhofs wurde zudem ein moderner Instandhaltungsstützpunkt mit Gleishalle für Geräte zur späteren Tunnelwartung und ein eigenes Gleis für einen Rettungszug errichtet. Gesamt werden rund 105 Mio. Euro in diese Arbeiten investiert.
Mit diesen Investitionen ist der Standort Mürzzuschlag auch für die nächsten Jahre und Jahrzehnte gesichert und Mürzzuschlag war – ist – und bleibt eine Eisenbahnerstadt.