Eisenbahngesellschaft und Hotelunternehmen
Die Südbahngesellschaft
„Vor ungefähr Jahresfrist hat die Generaldirection der k.k. Südbahn-Gesellschaft den Entschluss gefasst, ein für das große internationale Reisepublicum berechnetes officielles Reisehandbuch in deutscher, ungarischer, italienischer, englischer und französischer Sprache in einer Gesamt Auflage von 100.000 Exemplaren herauszugeben. Dieses in erster Linie der Belebung der Reiselust und der Förderung des Fremdenzuflusses nach den schönsten und interessantesten Landestheilen der Monarchie gewidmete Buch sollte aber auch den Reisenden als verlässlicher Führer und den an den Südbahnstrecken gelegenen Sommerfrischen, Curorten und Fremdenetablissements als wirksames Publicationsorgan dienen und trotz seiner Reichhaltigkeit um billigen Preis erhältlich sein.“
„So möge denn dieses Buch als Beitrag zur Hebung des Fremdenverkehrs in Österreich seinen Lauf durch die Welt nehmen und überall in beredter Sprache verkünden, dass unsere Heimat dem Reisepublicum der fernsten Länder ein herzliches Willkommen bietet.“
In dem Reiseführer „Die Südbahn und ihr Verkehrsgebiet in Österreich-Ungarn“ von 1900 wird die Bedeutung von Tourismus für die Eisenbahnverbindung ersichtlich. Die Südbahn-Gesellschaft war ein international geführtes Unternehmen.
Das Mammutunternehmen Südbahngesellschaft
Das Mammutunternehmen Südbahn-Gesellschaft umfasste mit der am 23. September 1858 datierten Bahngenehmigung folgende Linien:
Eisenbahnnetzkarte der Südbahngesellschaft, 1908
I. Wien-Triest (mit der Abzweigung Mödling-Laxenburg) mit den Anschlüssen an die lombardisch-venetianische Linie von Nabresina über Görz, Udine und Treviso nach Venedig und von hier bis Mailand mit der Fortsetzung an die piemontesische Grenze. Zusammen 1.180 km, in der damals jedoch noch Lücken bestanden.
II. Die Bahn von Wiener Neustadt nach Ödenburg (Sopron) und Kanisza mit der projektierten Verlängerung nach Esseg und Belgrad, von der bereits 27 km in Betrieb standen.
III. Die im Bau befindliche Linie von Marburg bzw. Pragerhof über Pettau nach Kanisza und Stuhlweißenburg mit den Abzweigungen nach Budapest und Neu-Szöny.
IV. Die Kärntner Linie von Marburg über Klagenfurt bis Villach, von der 162 km in Bau standen und deren Fortsetzung bis zum Anschluss an die Tiroler Linien beabsichtigt war.
V. Die im Bau befindliche Linie von Steinbrück bis Agram.
VI. Die Tiroler Linien, von denen 220 km in Betrieb standen, während der Ausbau der zwischen Bozen und Innsbruck bestehenden und somit die Bewältigung des brenners die nächste und wichtigste Aufgabe bildete.
VII. Die Bahnen von Verona bis Mantua mit der geplanten Fortsetzung bis Reggio (Emilia) zum Anschluss an die im Bau befindliche Linie von Mailand über Piacenza, Parma, Modena bis Bologna und von da bis Pistoja zur Verbindung mit Florenz.
VIII. Die Zweiglinien
a) Mailand-Camerlata
b) Die Projektierten Linien Padua-Rovigo, Bergamo-Lecco, Rhó-Sesto-Calende, Treviglio-Cremona, Melegnano-Pavia und Agram-Karlstadt (später bis Fiume/Rijeka).
Durch die kluge Geschäftstaktik der Südbahn-Gesellschaft wurden die Regionen entlang der Eisenbahnstrecken angehoben und damit konnte sich das berühmte Zitat Ghegas von 1851 nicht zuletzt auch für die Semmeringregion bewahrheiten:
„Durch die Eisenbahn verschwinden die Distanzen. Die materiellen Interessen werden gefördert. Die Kultur gehoben und verbreitet.“
Hotelstandorte entlang der Eisenbahn
Die Standorte der Hotels waren natürlich durch das Schienennetz vorgegeben. Die Südbahn-Gesellschaft baute Hotels in Toblach, Semmering, Abbazia, Görz. Der Überlieferung nach sollen noch weitere in Baden bei Wien, Bad Neuhaus bei Cilli, Meran und St. Peter in Krain bestanden haben. Das zeigt auch das berühmte Plakat der Südbahn-Gesellschaft „Wien-Triest“. Dargestellt die beiden entscheidenden Pole Berge und Meer.
Die Vorläufer
In England und Amerika haben die Bahngesellschaften schon früh ihr Geschäft auf die Hotellerie ausgedehnt. Bereits in den 1840er Jahren traten in England Hotelunterkünfte als wichtiger Teil bei der Neuerrichtung von Bahnstationen in den Vordergrund. Der Einstieg Österreichs in den Markt der Bahnhotels war Verdienst des energiegeladenen Generaldirektors der Südbahngesellschaft – Friedrich Schüler. Schüler erkannte, dass mit den „Gesellschaftlichen Hotelanlagen“ eine neue Geldquelle für sein Unternehmen zu erschließen war. Vorbilder hatte er genug gesehen – in England, Amerika und dem aufstrebenden Hotelwesen in der Schweiz. Ihm schienen die Hotelgründungen vor allem auch gute Renditen für die Geldgeber der Gesellschaft zu sichern. Das große Gesellschaftskapital der Südbahn kam ja von privaten, meist aristokratischen Privatiers (viele aus der kaiserlichen Familie) und internationalen Bankiers, wie etwa dem Hause Rothschild.
Die Hotels
Das erste von der Südbahngesellschaft gegründete Hotel war jenes in Toblach, Südtirol in 1878. Es wurde unmittelbar nach Eröffnung der Pustertalbahn eröffnet.
Der Erfolg in Toblach beflügelte und so errichtete Südbahngesellschaft 1882 auf 1000 m Seehöhe das 2. Südbahnhotel am Semmering. Schon während der Bauarbeiten der Semmeringbahn war das Interesse an der Region sehr stark. Bereits damals erschienen die ersten Reiseführer. Der Wiener Hofbildhauer Franz Schönthaler war der erste, der um 1880 die Reize des Semmering entdeckte. Er konnte den damaligen Direktor der Südbahngesellschaft – Friedrich Schüler – dafür begeistern ein Hotel zu errichten. Der Semmering sollte sich rasch zu einem Anziehungspunkt für die Wiener Gesellschaft entwickeln. Das Hotel mit seiner hervorstechenden Architektur wurde zum weithin sichtbaren Wahrzeichen des Semmerings. Durch seine Gestaltung, sein Angebot und sein Service avancierte das Südbahnhotel zum führenden Hotel Mittel- und Osteuropas.
„Daß den Semmering überragende landschaftliche Schönheit ziert, in der sich Großartigkeit mit bezaubernder Anmut vereint, ist allbekannt.
An der aussichtsreichsten und zugleich klimatisch günstigsten Stelle des Semmering erheben sich die weitläufigen Anlagen des Südbahn-Hotels. Der einzigartige Rundblick vom Südbahn-Hotel umfasst die beiden mächtigen Hochgebirgsmassive – Schneeberg und Rax – mit ihren 2000 Meter hohen Almen und Kuppen und den jäh ins Tal strebenden Felswänden.
Die 250 Hotelzimmer sind bequem und geschmackvoll eingerichtet, mit Fließwasser, Zentralheizung und durchwegs mit Staatstelephon ausgestattet.
Die ungewöhnlich große Halle ist eine Sehenswürdigkeit für sich. Vornehm in Stil und Ausstattung, mit Meisterwerken der Malerei geschmückt, liebenswürdig und gemütlich zugleich, erweckt sie sofort das Gefühl der Behaglichkeit.“
Werbeprospekt 1930er Jahre
Die Hotels sind heute erlebte Geschichte. Das Südbahnhotel in Toblach ist ein Kulturzentrum, die gesamte Anlage in Abbazia - Opatija - erlebt eine Renaissance und das Südbahnhotel am Semmering wird alljährlich zur großen Bühne während des Kultursommer Semmering.